Creative ZEN X-FI 2: In der Ruhe liegt die Kraft...
Einleitung
In der U-Bahn dröhnt es, auf den Straßen wummert es, scheppert es. Kurzum: Lärm ist überall. Viele Menschen wollen diesem Leid nicht nur entfliehen, sondern möchten ihre Lieblingsmusik auch unterwegs nicht missen. Ein tragbarer Mp3-Player scheint hier die Lösung zu sein.
Erst kürzlich wurde die Produktion des legendären und wegweisenden Sony Walkmans eingestellt. Doch inzwischen gibt es seit einigen Jahren praktischere Nachfolger. Aus dem selben Haus stammte die MiniDisc, die sich nicht durchsetzen konnte. Zu empfindlich waren die Abspielgeräte, da die Disk mit beweglicher Mechanik gelesen werden musste. Jogger und andere Sportler schauten oft in die Röhre.
Der Durchbruch kam mit dem vom Frauenhofer Institut entwickelten Mp3-Format und den dafür vorgesehenen tragbaren Abspielgeräten. Diese kleinen Kästchen wurden immer schneller immer kleiner und konnten bereits nach kurzer Zeit mit enormem Funktionsumfang aufwarten. Vom Imbissbuden-Verzeichnis bis hin zur Video-Funktion können die teils winzigen Geräte so ziemlich alles was unterwegs der Unterhaltung dient.
Creative Labs, eher bekannt für PC-interne Soundlösungen, ließ sich nicht foppen und lieferte mit der ZEN-Serie gute Geräte ab. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Serie mit dem ZEN X-FI. Wie der Name vermuten lässt, versprach das „X-FI“-Kürzel bestechenden Klang. Immerhin handelt es sich beim großen Vorbild in der Desktop-PC-Serie von Soundkarten um einen eigens entwickelten Chip mit zahlreichen Funktionen, die den Klang verbessern sollen. Obwohl der Zen X-FI keinen dedizierten X-FI – Chip besaß, klang das Teil klasse.
Seit einiger Zeit gibt es den Nachfolger: Der ZEN X-FI 2 wartet mit allerlei Neuerungen, allen voran einem Touchscreen für einfachere Bedienung, auf. Ob der Creative ZEN X-FI 2, hier im Test in der 16GB-Variante, ein gutes Bild macht, wie er sich im Alltag und Sport schlägt, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Die Verpackung
Der Zen X-FI 2 wird in einer durchsichtigen Hartplastik-Box präsentiert. Das Gerät selbst ist mit einer Klammer fixiert. Hinter der Rückplatte findet man neben den obligatorischen Ohrhörern allerlei Zettel und Anleitungen.
Den Ohrhörern liegen noch weitere Schalen bei, um sie besser an verschieden große Gehörgänge anpassen zu können.
Technische Details (Herstellerangaben)
Äußerer Eindruck
Der ZEN Player gibt sich vor allem schlicht und edel. Das Gehäuse wirkt sehr robust und scheint sehr resistent gegenüber Kratzern zu sein – erfreulicherweise auch das Display. Der äußere Eindruck vermittelt Wertigkeit und Eleganz – Top! Viele Schalter und Buchsen sucht man vergeblich. Lediglich zwei Schalter (einer auf der Vorderseite, einer zum Ein- und Ausschalten des Gerätes, der gleichzeitig auch als Taste für die Gerätesperre dient) und ein Reset-Knopf sind auf dem Gehäuse platziert. Einen Lautstärkeregler gibt es nicht.
Wie auch der Vorgänger, hat der ZEN X-FI 2 keinen dedizierten X-FI - Chip. Während der Chip, der der Klangverbesserung dienen soll, im Vorgänger noch emuliert wurde, befindet sich im Hauptprozessor des ZEN eine eigene Recheneinheit für eben diese Klangmodulation. Ob der Nachfolger also dank besserer Technik auch besser klingt, wird sich auf den folgenden Seiten herausstellen.
Die Testmethoden
Natürlich soll in erster Linie der Klang bewertet werden. Doch macht auch der weltbeste Klang kaum Spaß, wenn die Bedienung umständlich ausfällt, die Tasten schwergängig sind oder die Software träge reagiert.
Wir haben uns einige markante Musikstücke in ordentlicher Qualität (mindestens 192kbps) ausgesucht, die das gesamte potentielle Kundenspektrum berücksichtigen. Um einen möglichst objektiven Höreindruck zu vermitteln, nehmen wir Titel verschiedener Genres mit unterschiedlichen Anforderungen an den Klang.
- Klassische Musik:
Johann Sebastian Bach – Brandenburg Concerto No. 1
Karl Orff – O Fortuna
Modest Petrowitsch Mussorgski – Bilder einer Ausstellung - Klassischer Rock:
AC/DC – Rock N‘ Roll Train
Guns N’ Roses – Sweet Child o’ Mine - Punk:
Misfits – Dig Up Her Bones
Misfits – Speak of The Devil
Murderdolls – Hello, Goodbye, Die
Sex Pistols – Anarchy In The UK
The Stranglers – London Lady - Metall:
Belphegor – Der Geistertreiber
Bloodbath – Cancer of The Soul
Lamb of God - Redneck
Wintersun – Winter Madness
Anthrax – Raise Hell
Dream Theater – The Dance of Eternity
Tool - Vicarious - Dance / Techno:
The Prodigy – No Good
Faithless - Insomnia
Jean Michel Jarre - Oxygen
Unabhängig von den Klangeigenschaften haben wir uns natürlich auch mit der Bedienung des Players, allen voran mit dem Touchscreen, beschäftigt. Davon abgesehen haben wir uns auch die Software angesehen, die den ZEN mit Daten füttert und seine Inhalte verwaltet.
Der Höreindruck
Der ZEN X–FI 2 bietet allerlei Voreinstellungen zum Klang anhand von Equalizer-Presets. Diese decken das größte Musikspektrum von Klassik, über Jazz bis hin zu Rock und Vokal-Musik ab. Allerdings gefällt keine Voreinstellung wirklich gut. Entweder es gehen zu viele Details verloren und die Lieder hören sich an als kämen sie aus einer geschlossenen Kiste, oder aber man hat mit hohem Klirren und raschen Verzerrungen im Hochtonbereich zu kämpfen. Uns ist es ein Rätsel weshalb solche Presets, in dieser Form zumindest, implementiert werden. Hat bei Creative niemand probegehört?
Leider lässt sich jedoch nicht auf den Equalizer (EQ) verzichten, denn ohne ihn klingt alles furchtbar volumenfrei und farblos. Zum Glück lässt sich der EQ auch den eigenen Bedürfnissen anpassen, was dringend angeraten ist. Als Referenz-Lied wählten wir für die Einstellungen von den Dire Straits Brothers In Arms vom gleichnamigen Album.
Um möglichst objektiv unsere Eindrücke wiedergeben zu können, haben wir das mitgelieferte Ohrhörerpaar verwendet.
Klassische Musik wird erstaunlich souverän abgebildet. Lediglich in Orffs Interpretation der Carmina Burana fehlte das letzte Bisschen Höhen, um einen gänzlich runden Klang zu erzeugen. Die Volumen-Vermittlung klappt hervorragend, Details sind gut herauszuhören. Die Königsdisziplin der Musik hat der Creative-Player recht souverän gemeistert.
Die Stärken des X-FI 2 liegen offensichtlich bei der Erzeugung eines voluminösen Mittendrin-Gefühls, was gerade bei klassischer Rockmusik sehr gut rüberkommt. Die beiden gewählten Songs repräsentieren zwei gängige Abmischungs-Wege aus zwei Dekaden moderner Rockmusik. Während der Song von Guns N‘ Roses aus dem Jahre 1988 den klassischen Rock mit ausgewogenem Klangbild und mittiger Betonung repräsentiert, zeigen die Urgesteine von AC/DC auf ihrem aktuellen Album der Welt, wie moderner Rock zu klingen hat: Klare Akzentuierung der einzelnen Instrumente mit treibenden Bässen und großem Volumen. Der Player meistert beide Spielarten nahezu perfekt. Ein Hochgenuss Axl Roses hohe quäkend-nasale Stimme zu hören, während Slash ins Solo einsteigt. Ebenso ergänzen die Gebrüder Young Brian Johnsons Röhre klangtechnisch wunderbar, was der ZEN ebenfalls schön abbildet.
Punk ist unter den hier zu vergleichenden Musikstilen klangtechnisch mit Abstand am anspruchslosesten. Letztendlich war u.a. genau dieser Umstand eine Gründungs-Grundlage der Bewegung. Stellenweise hat sich diese Haltung in der Abmischung der Songs bis heute erhalten. Auch auf moderneren Platten hört man den (teilweise erzwungenen) Garagen-Sound der Szene heraus. So wählten wir neben dem Klassiker der Sex Pistols schlechthin auch weitere Klassiker und neuere Punk-Größen und solche Künstler, die sehr vom Punk beeinflusst worden sind. Auf diese Weise erhielten wir wiederum, wie zuvor, das größtmöglichste Spektrum eines Genres.
Hier kann Creatives Mp3-Player ebenfalls überzeugen. Die auf früheren Ausnahmen mittenlastigen Songs werden anstandslos ebenso wiedergegeben. Natürlich stellt solche Musik keine Herausforderung dar. Allerdings weist Punk eine ganz eigene Klangfarbe auf, anhand derer man jede einzelne Band allein anhand des Klanges erkennen kann. Man kann hier gerne von der „Magie des Punk“ sprechen, die der ZEN erstklassig wiederzugeben vermag.
Metal scheidet als solcher die Geister. Fans sprechen von Virtuosität und Leidenschaft, Gegner klagen über Gebrüll, Gekreische und markerschütternden Lärm. Dabei wird oft genug die nahe Verwandtschaft zur klassischen Musik übersehen. Richard Wagner, lebte er heute, wäre mit Sicherheit ein Metaller. Genretypisch gibt es kein einheitliches Klangbild. Manche Bands, die voll besetzt sind mit Virtuosen, erzeugen Klangbilder und Alben deren Abmischung an Perfektion grenzt. Allen voran seien hier die Instrumenten-Götter von Tool und Dream Theatre zu nennen. Andererseits gibt es natürlich auch anderen Metal. Er besticht vorwiegend durch brachiale Arrangements, getrieben von düsteren Klangwelten voller Moll und wenig Dur. Unser Testschema versucht diesem breit gefächerten Genre gerecht zu werden.
Hier kann der ZEN Player voll auftrumpfen: in filigranen Metal-Kompositionen weiß das Gerät ebenso zu überzeugen wie in brachialen Guttural-Orgien. Hier bleibt kaum ein Detail aus, die Volumina der Songs lassen einen instinktiv mit dem Kopf nicken.
Dance oder auch Techno weist ebenfalls viele Spielarten auf. Während Disco-typische Musik eher auf krasse Bässe setzt, wissen einige Künstler durch klassisches Anhauchen ihrer elektronischen Klänge auch Audiophile zu überzeugen. Der X-FI 2 weiß auch hier zu überzeugen und bildet alle gebotenen Klangbilder sehr schön ab. Auch hier kriecht einem der Sound ins Genick und erfüllt den Kopf mit Volumen.
Insgesamt lässt sich über die Klangeigenschaften des Zen X-FI 2 resümieren: So lange man sich selbst ein EQ-Preset zusammenstellen kann, nimmt es das Gerät mit jedem Musikgenre auf und meistert es mit Bravour. Das reine Musikhören macht sogar mit den mitgelieferten Ohrhörern einen Heidenspaß. Der X-FI 2 klingt auf alle Fälle nochmal deutlich besser als der direkte Vorgänger. Dieser Umstand ist wohl der verbesserten X-FI-Implementierung zu verdanken, auch wenn hier ebenfalls kein dedizierter Chip vorhanden ist.
Bedienung und Software
Das Touchscreen ist das, was den Zen X-FI 2 von seinem Vorgänger am deutlichsten abhebt. Er soll dem Anwender eine intuitive und präzise Bedienung ermöglichen. Dies ist leider nur zum Teil gelungen. Intuitiv ist die Bedienung zwar, wenn auch an manchen Stellen aufgrund unlogischer Menü-Anordnungen ein wenig umständlich. Das größte Manko des Creative Abspielgerätes ist der Touchscreen. Dieser hinterlässt nämlich, gepaart mit der stellenweise etwas lahmen Oberfläche, einen zwiegespaltenen Eindruck. Einerseits fällt das Anwählen erfreulich leicht, denn auch mit breiten Fingern kann man punktuell genau „tippen“. Allerdings erweist sich entweder die verbaute Hard- oder die aufgespielte Oberflächensoftware als Stein im Weg. Denn manchmal hakt die Bedienung etwas, sodass Fingerbefehle gar nicht oder verzögert umgesetzt werden, sodass Fehlbedienungen hin und wieder auf dem Programm stehen. Wir dachten an ein Firmware-Problem.
Also aktualisierten wir diese auf die aktuellste Version und mussten feststellen, dass dies der gelegentlich lahmenden Verarbeitung der Befehle keinen Abbruch tat. Ergo ist der Schuldige unter der Haube des ZEN zu suchen: die verbaute Hardware kommt manches Mal einfach nicht zügig genug mit.
Wir schrieben weiter oben von einer präzisen Oberfläche. Das stimmt leider nur zum Teil. Während in den großen Menüs und Ebenen der Software auch breite Finger glücklich sind, trennt sich die Spreu vom Weizen bei der Lautstärkeregelung. Diese ist einerseits mangels Tasten am Gehäuse sehr umständlich geraten (es bedarf zwei Finger-Befehlen um die Lautstärkeregelung überhaupt aufzurufen), andererseits ist der Touchscreen nicht empfindlich genug um den schmalen Regler präzise steuern zu können.
Ohrenschmerzen sind da vorprogrammiert, und Jogger sind während des Trainings quasi aufgeschmissen, soll die Lautstärke angepasst werden. No Chance! Hier hat Creative offensichtlich geschlampt, was umso trauriger ist, da ein solches Manko absolut unnötig ist.
Alles in Allem lässt sich sagen, dass die Bedienung insgesamt ordentlich gelungen ist – mit Abzügen in der B-Note bei Fingerbefehlen und Lautstärkeregelung.
Die mitgelieferte Software Creative Centrale liefert eine Oberfläche für die Verwaltung der Musiksammlung auf und abseits des ZEN Players und bietet auch die Möglichkeit, Videodateien auf ZEN kompatible Größe zu konvertieren. Allerdings macht diese Software keinen Spaß – und das aus mehreren Gründen. Einerseits läuft sie teilweise recht zäh und dümpelt, vor allem wenn Rechenarbeit gefragt ist, vor sich hin.
Andererseits ist sie stellenweise sehr umständlich geraten. Alben werden anhand der ausgelesenen Tags selbst organisiert. Wehe innerhalb eines Albums gibt es verschiedene Tags beim Album-Titel. Ein einziges Album wird so zerrissen, dass daraus bei drei Schreibweisen in den Tags eben drei Alben werden. Hier ist dann mühsame Handarbeit vonnöten, da sich die Tags nur umständlich bearbeiten lassen und die Software hin und wieder aus unerfindlichen Gründen in die Knie geht und sämtliche Reaktion verweigert. Ebenso zeitraubend kann das automatische Umwandeln von Videofiles sein. Das klappt mit avi- und WMV-Dateien zwar meist problemlos, jedoch weiß die Software kaum wie man einen CPU-Kern auslastet – geschweige denn zwei oder mehr. Hier geht wertvolle Zeit unnötig mangels Mehrkern-Optimierung verloren.
Glücklicherweise lassen sich unter Windows 7 im ZEN selbst, der im Arbeitsplatz als solcher erkannt wird, einfach Musikdateien auf den Speicher kopieren und mittels Kontextmenü als Playlist abspeichern. Dies sei jedem, der kein masochistisch veranlagter „ich-muss-die-mitgelieferte-Software-um-jeden-Preis-benutzen“-Anwender ist, dringend empfohlen.
Offline RSS-Feeds, Kalender und Spiele sind nette Dreingaben ohne wirklichen Mehrwert.
Allerdings lässt sich der Zen X-FI 2 auch mittels optional erhältlichem Kabel an den heimischen Fernseher anschließen, um Bilder darauf zu betrachten. Ein nettes Feature, auch wenn die Notwendigkeit hierfür in den meisten Fällen wohl kaum gegeben sein wird.
Besonders gefallen hat uns hingegen die tolle Sprachaufzeichnungs-Funktion, die gut und gerne auch einfache Diktiergeräte ersetzen kann.
Tibor Bársony meint
Der Creative ZEN X-FI 2 macht es nicht leicht, ein Fazit zu ziehen – zu unterschiedlich fallen die Eigenschaften des Gerätes aus.
Auf der haben-Seite steht der zweifelsohne meisterhafte Klang, der jedes Gehör zufrieden stellen wird. Hier kommen auch Audiophile, die ihre liebsten Stücke unterwegs genießen möchten, auf ihre Kosten. Der Funktionsvielfalt samt eingebautem Lautsprecher, Radio, Sprachaufzeichnung, sinnvoller Lautstärkebegrenzung, vielen Audioformaten, geringem Gewicht und erstklassigem Display sind ebenfalls Argumente Pro ZEN. Auch die Erweiterbarkeit mittels microSD-Karten macht Sinn. Die Bedienung ist weitgehend intuitiv und unkompliziert gelöst. Videos schauen macht auf dem 3“ Display wirklich Spaß, weil Farben und Kontraste sauber abgebildet werden.
Nicht gefallen hat uns der Touchscreen, der in Verbindung mit der manchmal langsam reagierenden Software gelegentliche Fehlbedienungen nicht ausschließt. Als Krampf erweist sich die mitgelieferte Software Creative Centrale, die unnötig langsam und kompliziert ist.
Wer einen Multifunktions-MP3-Player mit Videofunktion sucht und hohe Ansprüche an den Klang hat, darf bedenkenlos zugreifen. Wer gerne mit der Organisations-Software am Rechner spielen will, wird hier allerdings kaum glücklich. Hier müsste Creative eindeutig nachbessern.
Gemessen am Preis von derzeit etwa 110€ für das getestete 16GB-Modell (8GB: 85€, 32GB: 170€) lässt sich jedoch eine eindeutige Kaufempfehlung aussprechen. Die Ohren werden es danken.
- Positiv
- Sauberer Klang
- Tolles Display
- Videofunktion macht Spaß
- Viele unterstützte Formate
- Geringes Gewicht
- Langsame Gerätesoftware erschwert die Bedienung
- Neutral
- - / -
- Negativ
- Mitgelieferte PC-Software zehrt an den Nerven
0 Beiträge