Enermax Platimax 500W: 80 PLUS Platinum
Einleitung
Aktuell gibt es zwischen den Mittelklasse-Netzteilen und dem High-End Sektor einen Preisbereich, den das Seasonic G550 PCGH ausfüllt. Heute möchten wir einmal eine interessante Alternative dazu vorstellen: Schaut man sich bei Netzteilen einmal die Leistungsklasse von 450 bis 550 Watt an, so gibt es im Bereich von 50 bis 75 Euro eine riesige Auswahl an 80 Plus Gold-Geräten. Möchte man jedoch etwas mehr Geld für sein Netzteil ausgeben (beispielsweise mit einer höheren Effizienz), so wird die Anzahl an Auswahlmöglichkeiten ziemlich klein, in den großen Hardwareforen werden beispielsweise nur noch das Seasonic G550 PCGH für ca. 95 Euro und das be quiet! Dark Power Pro 550W für ca. 120 Euro empfohlen - beide ebenfalls mit 80 Plus Gold zertifiziert.
Fast unbemerkt ist der Preis für das Enermax Platimax 500W in den letzten Monaten stark gesunken, nun wird es aktuell für etwa 95 Euro angeboten und liegt daher genau auf dem Niveau des PCGH-Netzteils. Trotz höherer Effizienz und guter Testnoten wird das Netzteil bislang in den Foren nicht beachtet. Hauptgrund dürfte die Skepsis gegenüber dem OEM-Hersteller CWT sein, welcher keinen guten Ruf genießt. Wir möchten daher heute ein wenig Licht ins Dunkel bringen und schauen wie gut das Platimax wirklich ist. Handelt es sich hier um eine echte Alternative zum PCGH-Netzteil oder sind die Sorgen der Forenmitglieder berechtigt?
Spezifikationen und Features
Das Enermax wird in einem flachen Produktkarton ausgeliefert, im Inneren ist alles ordentlich verpackt und Platzangst kommt ebenfalls nicht auf. Auf der Rückseite der Verpackung werden einige Features genannt, bei denen wir die Wichtigsten einmal benennen möchten:
- 80 Plus Platinum zertifiziert (Effizienz von 89-94% im Bereich von 20-100% Auslastung)
- Schutzschaltungen: OCP, OVP, UVP, OPP, OTP, SCP & SIP
- 139 mm Lüfter mit Twister-Lager (MTBF 100.000 h)
- 100% Japanische Kondensatoren
- Teilmodulares Kabeldesign
- 5 Jahre Garantie
Hier sollten also keine Wünsche offen bleiben. Mit einer Effizienz auf 80 Plus Platin-Niveau liegt das Platimax über dem gleich teuren PCGH-Netzteil und ist sogar dem Dark Power Pro voraus. Bei Netzteilen wird immer gerne an den Lüftern gespart, nicht so beim Platimax. Hier kommt ein hauseigener Lüfter mit einem hochwertigen Lager und einer hohen Lebensdauer zum Einsatz, diesen werden wir uns aber später bei der technischen Analyse einmal genauer anschauen. Es werden durchgehend japanische Kondensatoren versprochen, aber dies muss nicht automatisch die höchste Qualität bedeuten.
Von den angegebenen 500 Watt verteilen sich 492 Watt auf drei 12 Volt-Rails. Diese sind mit 25 Ampere üppig dimensioniert, zudem laufen beispielsweise die PCI-Express Stecker über zwei Rails. Die Gefahr einer Inkompatibilität oder ein frühzeitiges Abschalten des Netzteils aufgrund einer überlasteten Rail sollte daher minimal sein.
Äußeres, Lieferumfang und Kabelausstattung
Der Lieferumfang fällt mit einigen Aufklebern, Kabelbindern, Tasche, Schrauben und Kabel üppig aus. Die modularen Kabel sind als Flachbandvariante ausgeführt, die fest installierten Kabel als Rundkabel. Die Flachband-Versionen sollen sich besonders einfach hinter dem Mainboardschlitten verlegen lassen.
Passend zum 80 Plus Platin-Siegel ist auch das Platimax in den Farben Schwarz-Silber gehalten. Die helle Fläche um das Lüftergitter glänzt, ist allerdings auch anfällig gegen Fingerabdrücke. Das Lüftergitter ist klassisch ausgeführt, was Luftverwirbelungen minimieren sollte. Klar strukturiert sind die modularen Anschlüsse auf der Rückseite, die Laufwerksstecker sind schwarz gehalten, PCI-Express Stecker in rot, Verwechselungen sind damit ausgeschlossen. Erfreulich ist, dass die Anschlüsse direkt mit den dazugehörigen Rails beschriftet sind, so dürfte eine Überlastung der Rails im Vorfeld auszuschließen sein. An der Verarbeitung haben wir nichts auszusetzen, alles wirkt solide gebaut.
Die Kabelstränge im Detail:
Bezeichnung der Kabel | Kabel-Länge in cm |
ATX 24 Pin | 60 |
CPU 4 + 4 Pin | 60 |
PCI-E 6 + 2 Pin & 6 + 2 Pin | 51 & 51 |
Molex + Molex + Molex + Floppy | 46 + 60 + 73 + 88 + 103 |
SATA + SATA + SATA + SATA | 47 + 63 + 79 + 94 |
SATA + SATA + Molex + Molex | 46 + 62 + 77 + 92 |
Rein von den Kabellängen und der Anzahl der Anschlüsse liegt das Platimax in einem angemessenen Bereich der Leistungsklasse, ohne jedoch Maßstäbe zu setzen. In einem normalen Gehäuse sollte es bei der Verlegung der Kabel keinerlei Probleme geben. Probleme gibt es eher im Bereich der Dokumentation der Kabel. Das heutige Flachbandkabel komplett in schwarz gehalten sind, ist bereits gang und gäbe, bei den beigelegten Kabeln des Platimax fehlten jedoch auch noch der Aufdruck auf den Kabeln (Beispielsweise Kabeldicke).
Die Technik im Detail
Ein Hinweis vorweg:
Nicht nachmachen! Ihr begebt euch in Lebensgefahr wenn ihr ein Netzteil aufschraubt, des Weiteren geht die Garantie verloren!
Der OEM-Hersteller der Elektronik ist CWT. Gegenüber einem herkömmlichen Netzteil hat Enermax / CWT die Position vieler Komponenten verändert, die Sekundärseite nimmt so deutlich mehr Platz ein als bei einem normalen Design. Das Ergebnis sind wenige Kabel die den Luftstrom des Lüfters bremsen und viele freistehende Komponenten. Für die Lautstärkemessungen lässt das Gutes erahnen.
Die Eingangsfilterung beginnt mit insgesamt vier Y- und einem X-Kondensator, zwei Spulen, einer Schmelzsicherung und einem MOV als passiven Überspannungsschutz. Die Gleichrichterbrücke muss hingegen ohne einen Kühlkörper auskommen. Gut eingepackt ist die PFC-Spule, der dazugehörige Controller ist zudem mit einer Kupferfolie abgeschirmt. Als Primärkondensator wurde ein Modell von Panasonic verbaut (HC-Serie), welches folgende Daten aufweist: 390 Mikrofarad Kapazität bei einer Spanungsfestigkeit von 400 Volt und einer Temperaturfestigkeit von maximal 105°C. Hier haben wir nichts zu meckern.
Auf der Sekundärseite kommen durchgehend Elektrolyt-Kondensatoren der Marke Nippon Chemicon zum Einsatz (u.a. KY und KMG-Serie), zudem wurden viele Feststoffkondensatoren verbaut. Der Protection-IC sitzt auf einer kleinen Zusatzplatine, hier wurde ein Siti PS231S verbaut, welcher die Schutzschaltungen OVP / UVP auf der 3,3 V, 5 V und 12 V-Schiene unterstützt. Zudem wird damit OCP auf drei 12 Volt-Rails realisiert.
Beim Lüfter kommt ein hauseigenes 139 mm Modell mit Twister-Lager zum Einsatz, welches eine hohe Lebensdauer (MTBF 100.000 h) und einen Drehzahlbereich von 300 bis 1000 U/Min besitzt. Die sehr kleine Luftleitfolie verwundert hingegen etwas, diese erhöht unserer Meinung nach eher die Lautstärke als das sie irgendeinen sinnvollen Nutzen hätte.
Die Unterseite der Platine bestätigt es: Die versprochenen drei 12 Volt-Rails sind auch wirklich vorhanden (roter Kasten). Ein Problem ist hingegen die Lötqualität, denn diese ist bei unserem Testmuster wirklich schlecht. Enermax hat dieses Problem ernst genommen und daraufhin einige Stichproben gemacht, welche auch eine etwas bessere Lötqualität aufwiesen:
Sollten während der Garantiezeit Probleme auftauchen, können sich Platimax-Besitzer an den Support von Enermax wenden. Wir möchten zudem die Aussage eines Enermax-Mitarbeiters hinzufügen:
Wir möchten unseren Kunden beste Qualität bieten. In diesem Fall hat unsere Qualitätssicherung leider geschlampt. Wir arbeiten eng mit unserer Zentrale und den verantwortlichen Abteilungen zusammen, um zu analysieren, wie es dazu kommen konnte und wie wir unsere Abläufe verbessern können. Das Ziel ist natürlich solche Qualitätsmängel in Zukunft zu verhindern. Dadurch, dass wir deutschen Endkunden einen direkten Service mit fünf Jahren Garantie anbieten, sind sie auf der sicheren Seite. Wenn ein Netzteil innerhalb des Garantiezeitraums irgendwelche Probleme macht, können sich Kunden an uns wenden und ihr Netzteil zur Reparatur einschicken. Das Platimax bietet ja außerdem die entsprechenden Schutzmechanismen, die dafür sorgen, dass das System auch im Fall eines Defektes geschützt ist.
Abgesehen von der Sache mit der Lötqualität haben wir an der Elektronik des Netzteils nichts zu meckern, wir sind daher auf die Praxistests gespannt.
Die Testumgebung
Der Test wird in einem offenen Testsystem durchgeführt, Gehäuselüfter fallen daher weg. Die Außentemperatur lag in diesem Test bei 23° Celsius.
CPU: | Intel Core i5-3470 @ 4,0 GHz |
CPU-Kühler: | Scythe Mugen 4 PCGH-Edition |
Mainboard: | Asrock Z77 Extreme4 |
Arbeitsspeicher: | 2x 4GB G.Skill Sniper DDR3-1600 CL9-9-9-24 |
Grafikkarte: | Zotac Geforce GTX 480 Amp! |
SSD / Festplatte: | Samsung 840 Evo 500GB |
Netzteil: | siehe Test |
Bildschirm: | BenQ G2220HD |
Sonstige Hardware: | Asus Xonar DGX |
Die Geforce GTX 480 stellt die Single-GPU Grafikkarte mit der höchsten Leistungsaufnahme dar. Hierbei ließe sich theoretisch eine Aufnahme von weit über 600 Watt generieren, aber selbst der gute Kühler von Zotac ist mit der Leistung überfordert, das vorläufige Maximum des Gesamtsystems liegt daher erst einmal bei ca. 520 Watt. Die Leistungsaufnahme des Gesamtsystems haben wir mit Hilfe eines Profitec KD 302 gemessen. Hierbei haben wir folgende Lastszenarios generiert:
Test-Szenarien: | |
---|---|
Szenario 1: | Gesamtsystem im Idle |
Szenario 2: | CPU: Prime 95 Grafikkarte im Idle |
Szenario 3: | CPU im Idle Grafikkarte: GPU-Voltage 950 mV, Chiptakt 500 MHz, Furmark |
Szenario 4: | CPU im Idle Grafikkarte: GPU-Voltage 950 mV, Furmark |
Szenario 5: | CPU: Prime 95 Grafikkarte: GPU-Voltage 1013mV, Furmark |
Die einzelnen Werte wurden entnommen, nachdem sich die Temperaturen der Komponenten einpendelten. Die Lautstärkemessungen wurden mit Hilfe eines Voltcraft SL-100 durchgeführt. Dabei wurde das Netzteil bestmöglich vom restlichen System getrennt. Das Schallpegel-Messgerät wurde in einem Abstand von 50 cm vom Lüfter positioniert. Die Messwerte zur Spannungsregulation wurden mit einem Voltcraft VC130-1 ausgelesen.
Die Effizienz
Nun genug von der Theorie, schauen wir uns einmal die Effizienz im Praxistest an. Kann das Platimax überzeugen?
Im niedrigen bis mittleren Lastbereich ist das Platimax das effizienteste Netzteil das wir je gemessen haben, bei höherer Last fällt es hingegen etwas ab. Mit unserem Testequipment erlauben wir uns hier aber kein finales Urteil.
Die Spannungsregulation
Wie sieht es eigentlich mit der Spannungsregulation aus? Eine zu niedrige oder zu hohe Spannung kann Komponenten beschädigen oder das System instabil werden lassen. Die Grenzen der Diagramme stellen die ATX-Norm dar. Werte, die außerhalb des Diagramms liegen, liegen somit auch gleichzeitig außerhalb der ATX-Norm.
An dieser Stelle gibt es nichts zu meckern, die Spannungsregulation ist perfekt.
Die Lautstärke
Ganz wichtig ist bei Netzteilen natürlich die Lautstärke. Bevor hier Fragen auftauchen wie ein PC denn ohne Netzteil betrieben werden kann: Wir haben hier das semipassive Seasonic 860W Platinum genommen und so weit wie möglich vom Schallpegel-Messgerät gelegt. Auch wenn der Lüfter in höheren Belastungen minimal aufdreht, sollte er vom restlichen System übertönt worden sein. Vorab eine kleine Definition zur besseren Einordnung:
Bis 32,9 db(A) | Unhörbar leise bis sehr leise |
Von 33,0 bis 34,9 db(A) | Leise bis leicht hörbar |
Von 35,0 bis 39,9 db(A) | Hörbar bis deutlich hörbar, die Komponente sollte aus einem geschlossenen Gehäuse herauszuhören sein |
Ab 40 db(A) | Störend laut |
Das Netzteil schnitt hervorragend ab, mit der niedrigen Lüfterdrehzahl gehörte es zu den leisesten Netzteilen auf dem Markt. Auch in unserem Test kann die Lautstärke bei geringer Last überzeugen, der Lüfter erzeugt jedoch ein minimales Klackern. Baut man das Netzteil mit dem Lüfter nach unten in den Gehäuseboden ein, wird man davon jedoch nichts mitbekommen. Nun aber die Überraschung: Ab ca. 50% Last dreht der Lüfter des Platimax auf, es wird bei unserer höchsten Last sogar recht laut! Wir haben die Lautstärke in Szenario 5 einmal mit unserer Kamera aufgenommen:
Video abspielenHendrik Engelbertz meint
Die in der Einleitung aufgestellte Frage: "Handelt es sich hier um eine echte Alternative zum PCGH-Netzteil und sind die Sorgen der Forenmitglieder berechtigt?", können wir nach dem Test nun etwas genauer beantworten. Das Enermax Platimax präsentierte sich auf einem guten, aber nicht fehlerfreien Niveau.
Positiv machte zu Beginn die reichhaltige Ausstattung auf sich aufmerksam, auch am Gehäuse und der Verarbeitung gab es nichts auszusetzen. Die Kabel besitzen eine ordentliche Länge, genügend Anschlüsse sind ebenfalls vorhanden. Ärgerlich ist hingegen, dass die einzelnen Adern der Flachbandkabel komplett in schwarz gehalten und nicht bedruckt sind. Die technische Analyse verlief zuerst problemlos, insbesondere der langlebige Lüfter ist erfreulich. Nicht erfreulich ist hingegen die schlechte Lötqualität an unserem Testmuster, hier sollte der Hersteller besser auf die Qualitätskontrolle achten. Im Praxistest ist uns die gute Spannungsregulation und der leise Lüfter bei geringer Last aufgefallen. Bei hoher Last dreht der Lüfter leider auf, sodass dieser gut hörbar wird.
Insgesamt können wir feststellen, dass das Platimax ein gutes, wenn auch nicht perfektes Netzteil ist. Gegenüber dem Seasonic G550 PCGH bekommt man eine höhere Effizienzeinstufung und ein Multi-Rail Layout mit drei statt zwei Rails. Ein Nachteil gegenüber dem PCGH-Netzteil ist die Lautstärke unter Last, welche beim Platimax höher liegt. Hier sollte noch ein wenig an der Lüfterkurve gefeilt werden, ältere Modelle des Platimax konnten dies schon einmal besser. Die Qualitätsprobleme sollten mit einer besseren Qualitätskontrolle behoben werden können.
Das Platimax ist in sechs Versionen von 500 bis 1500 Watt erhältlich, die Preise beginnen ab etwa 95 Euro.
- Positiv
- Reichhaltige Ausstattung
- Anzahl an Schutzschaltungen
- Hochwertige Komponenten verbaut
- Multi-Rail
- Spannungsregulation
- Leiser Lüfter bei geringer Last...
- Neutral
- Negativ
- ...leider dreht dieser unter hoher Last hörbar auf
- Dokumentation der Kabel
- Lötqualität verbesserungswürdig
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