BitFenix Colossus: Im Test
Einleitung
BitFenix veröffentlichte vor kurzem eine neue Serie wuchtiger Big-Tower Gehäuse. Wuchtig ist auch schon der Name der Reihe: Colossus lässt Großes vermuten. Die Optik ist ungewöhnlich, das Design modern und zurückhaltend zugleich. Eines können wir mit Sicherheit sagen: anders als der Koloss von Rhodos, handelt es sich hier nicht um ein Weltwunder der Antike, sondern um ein Designer-Gaming-Case, das auch Moddern gefallen wird.
Das uns vorliegende Modell "Venom Green LED Window" wartet mit einigen Schmankerln auf, auf die wir auf den folgenden Seiten näher eingehen werden.
Technische Daten
Beim BitFenix Colossus handelt es sich um ein klassisches Gehäuse aus Stahl und Kunststoff. Die Besonderheit liegt in den Details, auf die wir noch zu sprechen kommen werden. Doch zunächst ein kurzer Überblick über die technischen Daten:
- Abmessungen:
245 x 558 x 580 mm - Material:
Stahl und Kunststoff - Formfaktoren:
Micro-ATX, ATX, E-ATX - Laufwerkschächte:
5 x 5,25" (1 x extern 3,5")
7 x 3,5"/2,5" - Kühlung:
Front 1 x 230mm
Heck 1 x 120/140mm (optional)
Deckel 1 x 230mm (1 x 120/140mm optional)
Seitenteil 2 x 120mm (optional) - Erweiterungsslots:
8 Stück - I/O Panel:
4 x USB 2.0
1 x eSATA
1 x Kopfhörer
1 x Mikrofon
Schon nach kurzem Überschauen der Details wird klar, dass das Colossus leider keine USB 3.0 - Unterstützung bietet. Da die Mainboard-Hersteller bislang sparsam mit der Bestückung ihrer Boards mit USB 3.0 fähigen Pin-Anschlüssen sind, gibt es zur Zeit nur zwei Möglichkeiten den neuen Standard zu behandeln: Entweder man verlegt einen Anschluss per Kabel rückseitig an die ATX-Blende, oder man verzichtet gänzlich auf die Unterstützung.
In diesem Fall trifft Letzteres zu. Schade eigentlich, denn das Colossus kommt mit modernem Flair daher, ebenso wie die teureren Brüder des gehäuses, denen USB 3.0 vorbehalten ist. Immerhin gibt es einen eSATA-Anschluss - dafür fehlt eine Firewire-Schnittstelle, die einem Gehäuse dieser Preisklasse das recht gut stünde.
Verpackung und Lieferumfang
Das BitFenix Colossus kommt in einem großen, schwarz bedruckten Karton ins Haus. Mehrere Abbildungen des Gehäuses zeigen seine Hauptfeatures, eine Tabelle an der Seite listet die technischen Details auf. Das Case ist sicher verpackt, sodass transportbedingte Schäden die Seltenheit darstellen dürften.
Im folgenden Video zeigen wir Euch, wie schwer es sein kann, das Colossus aus der Kartonage zu bekommen. Einen Überblick über das mitgelieferte Zubehör erhaltet Ihr ebenfalls mithilfe der bewegten Bilder.
Video abspielenIm Lieferumfang befindet sich neben einem gedruckten, bebilderten Handbuch auch ein Schlüsselsatz für die Frontblende, Montagematerial (Schrauben und Abstandhalter), ein 2,5" Laufwerksadapter für den 3,5" Schacht, eine Frontblende für ein 3,5"-Gerät, ein Mainboardlautsprecher, Kabelbinder und selbstklebende Kabelbefestigungen. Damit fällt das Zubehör großzügig aus.
Der Außencheck
Zunächst fällt die ungewöhnliche Optik der aus Kunststoff gefertigten Frontpartie auf. Der haptische Eindruck des mattschwarzen Materials ist ungewöhnlich, aber für Kunststoff erstaunlich gut. Genauso matt wie es aussieht, fühlt es sich aufgrund der sogenannten SoftTouch-Oberfläche auch an. An diesem Plastik, das den Namen nicht verdient hat, dürfen sich andere Gehäusehersteller gerne ein Beispiel nehmen. Das sieht nicht nur gut aus, sondern fühlt sich auch gut an - sehr schön!
Bei der beleuchteten Front handelt es sich um eine durchgängige Klappe, die, von vorn betrachtet, nach rechts geöffnet wird und anschließend den Blick auf die 5,25" Montageplätze freigibt. Die untere Hälfte der Front offenbart ein Mesh-Gitter, die es dem dahinter liegenden Lüfter ermöglicht Luft anzusaugen. Doch Moment mal! Wie soll dort Luft angesaugt werden, wenn die Klappe geschlossen ist? Das ermöglicht ein eingelassenes Lüftungsgitter. Wer hier einen Staubschutz erwartet, wird jedoch enttäuscht: Die untere Hälfte der Gehäusefront wird des Öfteren einen Lappen sehen müssen. Leider haben es die Ingenieure von BitFenix versäumt dem Frontlüfter überhaupt einen Staubschutz zu spendieren - das Meshgitter wird nicht viel Staub vom Eindringen abhalten können.
Das linke Seitenteil wird durch ein schwarz gefärbtes Window unterbrochen. Die von den Modellen ohne Seitenfenster bekannten gezackten Linien, fehlen hier. Das tut der Optik jedoch keinen Abbruch, denn alles wirkt wie aus einem Guss. Das Seitenfenster selbst scheint leicht zu verkratzen - Vorsicht ist also geboten. Im Window integriert sind zwei Montageplätze für 120 mm Lüfter samt entsprechender Lüftungsgitter. Eine einheitliche Optik ohne Montageplätze stünde dem Colossus besser. Auch die Kühlleistung würde darunter nur unwesentlich leiden, zumal mit zwei 230 mm Luftumwälzern in der Front bzw. im Deckel für mehr als ausreichend Airflow gesorgt sein dürfte. Das rechte Seitenteil ist komplett ohne Extras und schließt das Gesamtbild ab.
Das Heck zeigt, wie die Hardware im Inneren anzuordnen ist: Das Netzteil wird unten am Gehäuseboden verbaut. Über den PCI-Slots befindet sich ein zusätzlicher Montageplatz für einen 120-, bzw. 140 mm Lüfter. Direkt unter dem Deckel findet man vier gummierte Schlauchdurchführungen für eine Wasserkühlung. Die Unterseite des Colossus' offenbart vier stabile, gummierte Standfüße und einen herausziehbaren Staubschutzfilter unter dem Lufteinlass für das Netzteil. Ein weiterer Lufteinlass befindet sich, samt Filter, in der Mitte der Unterseite. Dieser wird jedoch von Innen entfernt.
Der Deckel verfügt über eine integrierte Klappe, die sich einfacher erreichen lässt, wenn die Frontklappe geöffnet ist. Hier finden wir das I/O-Panel mit vier USB 2.0-Ports, Anschlüssen für ein Headset (Kopfhörer und Mikrofon) und einen eSATA-Anschluss. Wie eingangs erwähnt, wäre eine Firewire-Schnittstelle bei dieser Preiskategorie wünschenswert – ebenso wie USB 3.0.
Einen Großteil der Deckelfläche nimmt das Mesh-Gitter ein, hinter dem der obere Lüfter sitzt. Man merkt recht schnell, dass lose Papiere und Blätter keine lange Zukunft auf dem Mesh haben – spätestens wenn der Rechner eingeschaltet wird und der riesige Ventilator einsetzt, fliegt alles davon.
Die Beleuchtung lässt sich über eine Taste unter der Deckelklappe ein- und ausschalten.
Innerer Aufbau und Lautstärke
Wie von außen vermutet, bietet das Colossus innen viel Platz. Dank der zahlreichen Installationsmöglichkeiten für Laufwerke aller Arten, sollte jede Festplatte und jede Lüftersteuerung untergebracht werden können. Bei offenem Seitenteil erkennt man sogleich die Raumaufteilung: Das Netzteil macht es sich unten am Boden gemütlich, während Festplatten im dazugehörigen Schacht Platz finden. Ein weiterer Schacht für 5,25" Geräte befindet sich direkt darüber.
Alle Erweiterungskarten werden mit einem Schnellverschluss-System arretiert. Die Abdeckungsbleche sind aus ausgestanztem Mesh-Gitter gefertigt.
Die Festplatten werden mit einem Schlittensystem, das mit dem aus dem Corsair Obsidian 700/800D verwandt sein dürfte, ins System integriert. Für eine, zumindest marginale, Entkopplung wird hier an den Schienenrollen gesorgt, die mit Gummi ummantelt sind. Ebenso wie schon bei Corsair, ist hier das verwendete Material zu kritisieren: Das Plastik lässt sich sehr leicht verbiegen und macht keinen besonders hochwertigen Eindruck.
Der 5,25" Laufwerksschacht bietet ebenso wie die PCI-Slots eine Schnellverschlussmontage ohne Werkzeugeinsatz. Hierzu mehr im folgenden Kapitel.
Die beiden eingebauten Lüfter verdeutlichen das Kühlkonzept: Vorne wird an der Unterseite der Frontklappe kühle Luft angesaugt, die dann erwärmt nach oben steigt, bzw. vom Deckellüfter nach draußen befördert wird.
Die beiden werkseitig vorinstallierten 230 mm Lüfter machen ordentlich Druck und könnten wohl auch ein Segelboot in Bewegung setzen. Wäre da nicht das laute und durch das Rattern störende Laufgeräusch bei voller Umdrehungszahl (auf 12 V), und die Tatsache, dass die Lüfter auf 7 V gedrosselt gar nicht erst anlaufen, wären wir froh. So sollte jeder, dem nicht nach einem Hörsturz, Streit mit den Nachbarn, Herzproblemen und/oder Nuklearem Winter zumute ist, eine Lüftersteuerung verwenden. Auf 7 V gedrosselt können die Rotoren auch nicht überzeugen.
Der Durchsatz spricht zwar für sich, erzeugt jedoch auch hier noch ein lautes Rauschen. Gepaart mit dem ratternden Lagergeräusch machen diese Schaufler keinen Spaß. In dieser Preisklasse darf man mit Sicherheit mehr verlangen. Wer will, tauscht die beiden 230 mm Turbinen gegen jeweils zwei 120 mm oder 140mm Modelle.
Einbau und Betrieb
Kommen wir nun zum Praxisteil des Testberichtes. Wir sehen uns an, wie die zu verwendende Hardware Platz im Colossus findet und ob sich hierbei Schwierigkeiten auftun könnten.
Dank der wuchtigen Ausmaße des Gehäuses finden auch übergroße, sogenannte E-ATX Motherboards Platz im BitFenix-Case. Entsprechend viel Spielraum hat man beim Einbau der Komponenten. Wir verwendeten hier, wie auf den Bildern zu sehen, ein Board im gängigen ATX-Format. Der Einbau gestaltet sich problemlos. Alle Bohrungen sind entsprechend der verschiedenen Boardgrößen beschriftet und unter dem Backplate-Ausschnitt finden wir eine passende Legende – vorbildlich!
Ebenfalls lobenswert ist das gelungene Schnellverschlusssystem an den PCI-Slots. Dieser Hebelmechanismus hat als einer der wenigen den „Verschluss“ im Namen verdient. Unsere Grafikkarte saß, ganz ohne Schrauben, wunderbar fest. Von dieser Halterung darf sich die Konkurrenz gern eine Scheibe abschneiden. Wer dennoch lieber auf Schrauben vertraut oder eine inkompatible Grafikkarte hat, kann die Schnellverschlüsse auch komplett abnehmen.
Alle Kanten sind abgerundet. Die Kabeldurchführungen sind größtenteils gummiert – bis auf die, die nach dem Einbau des Mainboards darunter liegen. Doch auch diese Öffnungen weisen keine scharfen Kanten auf.
Das Netzteil wird unten verbaut. Dabei sollte es so gedreht werden, dass der Lufteinlass am Gehäuseboden ist. Die Kabel können direkt durch die nebenliegenden, gummierten Durchführungen gelegt werden. Der Energielieferant steht auf kleinen Gummifüßen und ist sehr gut entkoppelt.
Hinter dem Mainboard-Tray findet man genügend Platz um auch sperrige Leitungen verlegen zu können. Für Tower-Kühler stehen knapp 21 cm Höhe zur Verfügung.
Festplatten im 3,5“ Formfaktor finden im dafür vorgesehenen Schienensystem Platz. Wie bereits erwähnt sind die Rahmen leicht verformbar, was irgendwie auch notwendig ist, zumal sie um die Datenträger herum gefaltet werden. Das klappt schnell und ist einfach, wird aber bei regelmäßiger Beanspruchung das Material mit Sicherheit schnell abnutzen. Andererseits stehen etliche Rahmen zur Verfügung, sodass das nicht allzu sehr ins Gewicht fallen dürfte. Dank Gummierungen um den Rollen ist für eine einfache Entkopplung gesorgt. Hiervon darf man keine Wunder erwarten – zumindest besser als gar keine Entkopplung!
Für 2,5“ Modelle, wie z.B. SSDs, steht ein Adapter für einen 5,25“ Schacht zur Verfügung. Diese Laufwerke werden fest mit dem Rahmen verschraubt.
Das Schnellverschluss-System der 5,25“ Laufwerke funktioniert recht simpel. Statt den ganzen Kunststoffriegel verschieben zu müssen, wird lediglich ein Knopf in der Mitte, den das BitFenix Logo ziert, gedrückt und zur Seite bewegt. Sollte dieses System mit einem Laufwerk inkompatibel sein, stehen einige Bohrungen für eine feste Schraubmontage zur Verfügung. Leider muss für die Laufwerksmontage die komplette Front abgenommen werden, was äußerst lästig sein kann.
Die Front bietet neben der einschaltbaren Beleuchtung noch ein weiteres Feature: Kabelführungen. Die Anschlüsse des I/O Panels können mit einem Kabel quasi beliebig an die beiden Seiten der Front verlegt werden. Das funktioniert recht gut. Allerdings passt pro Seite nur ein Kabel durch die Führung.
Wir mussten leider recht schnell feststellen, dass die SofTouch-Oberfläche und der fehlende Staubschutzfilter am Frontlüfter für einigen Staubfrust sorgen. SofTouch zieht die Partikel zwar nicht an, bietet aber den idealen Hintergrund um den Staub in Szene zu setzen. Ein feuchter Lappen sollte daher keine Unbekannte darstellen. Etwas grauer sieht da das Mesh-Gitter in der Front aus. Dort bleibt zwangsläufig, nicht zuletzt durch den enormen Luftdurchsatz der Lüfter, hängen.
Wasserkühlungs-Enthusiasten könnten sich mit dem Colossus anfreunden. Auch wenn die Pumpe wegen des Netzteils wahrscheinlich nur bedingt am Gehäuseboden unterkommen kann, besteht die Möglichkeit auf ein Modell für einen Laufwerksschacht zurückzugreifen – Ausgleichsbehälter inklusive. Doch auch alleinstehende Pumpen können untergebracht werden, sofern man auf drei Festplattenrahmen verzichten kann. Ein Single-Radiator findet am Heck seine Bestimmung. Ein weiterer, größerer Wärmetauscher könnte mit ein paar Umbaumaßnahmen unterm Deckel untergebracht werden. Die gummierten Schlauchdurchführungen lassen Schläuche mit einem Außendurchmesser von 16 mm durch. Wesentlich dicker sollten die Leitungen nicht sein.
Tibor Bársony meint
Das BitFenix Colossus wird seinem Namen gerecht. Immerhin ist es wirklich groß und es ist eine Freude Hardware darin zu platzieren. Zugegeben: Das ungewöhnliche Design ist möglicherweise nicht jedermanns Sache. Andererseits wirkt dieses unter den Gamer-Gehäusen noch am erwachsensten. Bleibt die Beurteilung der Features.
Auf den vergangenen Seiten haben wir gesehen, dass das Schnellverschluss-System wirklich gelungen ist. Besonders hervorzuheben ist hier die Lösung für die Erweiterungskarten. Sie hält wunderbar und ist leicht zu bedienen. Sollte es doch Probleme geben, lässt sich die ganze Konstruktion entfernen. Die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Selten hat uns Kunststoff so gut gefallen wie bei der SofTouch-Oberfläche.
Diese hat allerdings auch den Nachteil, dass Staub darauf besonders gut zur Geltung kommt. Hier ist regelmäßiges Wischen angesagt. Ebenfalls nicht gefallen hat uns das Fehlen eines Staubfilters am vorderen Lufteinlass. Das davor sitzende Mesh-Gitter hält zwar einigen Schmutz aus dem Gehäuse, feinere Partikel können jedoch beinahe ungehindert passieren. Auch das Rahmensystem der Festplatten könnte hochwertigeres Material vertragen. Das fällt allerdings nicht allzu sehr ins Gewicht.
Leider hat BitFenix es versäumt dem derzeit etwa 140 Euro teuren Gehäuse ordentliche, soll heißen, leise Lüfter zu spendieren. Die 230 mm Modelle haben zwar einen enormen Luftdurchsatz, allerdings wird dieser mit teils wirklich hoher Lautstärke erkauft. Selbst gedrosselt sind diese Ventilatoren noch fern von „silent“.
Setzt man die gebotenen Features und die Verarbeitung den negativen Aspekten gegenüber, bleibt es am Kunden zu entscheiden, ob das BitFenix Colossus eine Anschaffung wert ist oder nicht.
- Positiv
- Saubere Verarbeitung
- Ungewöhnliche Optik
- Durchdachtes Schnellverschluss-System
- SoftTouch sieht gut aus und fühlt sich gut an
- Massiver Airflow
- Neutral
- - / -
- Negativ
- Laute Lüfter
- Fehlender Staubschutz vorne
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