Nintendo 3DS: Im Test
Einleitung
Der japanische Videospiel-Riese Nintendo, heissgeliebter Hersteller diverser grandioser Konsolen, existiert schon seit dem Jahr 1889 und kann sich sicherlich damit rühmen, tausendfach elterliche Flüche ("Kind, du bekommst noch viereckige Augen, leg das blöde Ding weg und lies doch endlich mal ein Buch!") auf sich gezogen zu haben. Hach, das waren noch Zeiten! Viereckige Augen habe ich trotz der prophetisch anmutenden Zukunftsaussichten nie bekommen, sonst würde ich jetzt wahrscheinlich eher im Zirkus oder als medizinisches Wunder durch die Lande ziehen. Trotzdem: Danke, Mama!
Nach dem bahnbrechenden Erfolg des Game Boy, der 1989 veröffentlicht wurde, folgten diverse kleinere und technisch veränderte Versionen: unter anderem der Game Boy Pocket (1996), der Game Boy Color (1998), und schließlich der Game Boy Advance (2001). Als großer Nachfolger wurde im Jahr 2005 der Nintendo DS veröffentlicht, der erstmals zwei Bildschirme bot und klappbar war. Interessant: Nachdem das "Klötzchen" zu DS lite und DSi geschrumpft wurde, erschien eine Art "Rentnerversion" mit dem DSi XL (2009). Durch die deutlich vergrößerte Bilddiagonale mit satten 10,59 statt popeligen 2,18 Zentimetern konnte nun auch Opa Klaus mit Dr. Kawashima gehirnjoggen.
Dieses Jahr folgte ein weiterer Kracher in Form des Nintendo 3DS, der ersten Handheld-Konsole mit 3D-Display. Diese Technik, die natürlich weder per Video noch Foto wiedergegeben werden kann, muss laut der hippen, jungen Leuten in der herstellereigenen Werbekampagne jeder selbst erleben. Das lassen wir uns natürlich auf keinen Fall entgehen und so prüfen wir das Wunderklötzchen, das momentan zu einem Preis von circa 230 Euro in Schwarz oder schickem "Aqua"-Blau erhältlich ist, auf den nächsten Seiten. Zum Test stehen uns kleine Hunde (Nintendogs), wahrscheinlich tollwutinfizierte Straßenkämpfer (Street Fighter IV), und anatomisch sehr spartanisch ausgestatteten Figürchen beim Ausüben sportlicher Tätigkeiten (Pilotwings Resort) zur Seite.
Verpackung und Zubehör
Die Verpackung des "aqua"-farbenen 3DS ist in ebendieser nett anzusehenden Farbe gehalten und ausführlich mit Verpackungsinhalt und Features bebildert.
Sämtlicher Inhalt wird durch Kartonage und Folie gut vor Beschädigungen geschützt. Das Zubehör beschränkt sich nicht nur auf das Nötigste, sondern bietet einige nützliche Neuerungen im Vergleich zu den Vorgängern:
- Ladestation
- Touchpen
- SD Card (2 GB)
- Augmented Reality-Karten (6 Stück)
- Netzteil
- Schnellstart-Anleitung
- Nintendo 3DS-Bedienungsanleitung
- Faltblatt zu Altersbeschränkungen
Die technischen Daten und Features
- Maße: 135 x 73,7 x 20,3 mm
- Gewicht: 0.235 kg
- Displays: 3D-Bildschirm 8,3 cm (800 x 240 px), Touchscreen 7,7 cm (320 x 240 px)
- 3 Kameras: 2 außen, 1 innen
- 3D-Tiefenregler
- StreetPass
- SpotPass
- Schiebepad zur Steuerung
- Motion Control
- Rückwärtskompatibilität zu fast allen NDS- und DSi-Titeln
- Übertragung von DSi-Ware möglich
- Virtual Console: Herunterladen von alten Game Boy und GBA-Klassikern
- Download-Software für 3DS
Äußerlichkeiten und Handhabung
Die Oberseite des 3DS hat einen schicken Metallic-Effekt, der in Verbindung mit der Aqua-Farbe besonders gut zur Geltung kommt. Die zwei Kameras samt einer Status-LED, die bei Betrieb leuchtet, sind am oberen Klappenrand platziert. Die schmale Längsseite offenbart in der Mitte eine Audiobuchse und rechts davon zwei Status-LEDs (Betrieb und Laden).
Auf der Rückseite sind - wie schon von den Vorgängern gewohnt - die L- und R-Taste platziert, zudem von links nach rechts die Ladebuchse, der Ladestationsanschluss, der Kartenslot, die Touchpen-Halterung und der Infrarot-Sende-Empfänger. Seitlich befinden sich der stufenlose Lautstärke-Schieberegler und der Slot für die SD-Karte.
Aufgeklappt fällt gleich das neue Element zur Steuerung auf: der Schieberegler links oben. Unterhalb des Bildschirms wurde eine Leiste mit Select-, Home-, und Startknopf angebracht und auch der Power-Knopf ist von der Gehäuseseite in Form eines Schiebereglers als simpler Button ins Innere des 3DS gewandert. Seitlich befindet sich neben dem oberen Bildschirm der stufenlose 3D-Schieberegler; unten befindet sich der WLAN-Schalter mitsamt Status-LED.
Das Menü und seine Funktionen
Das Menü ist übersichtlich aufgebaut - auf dem unteren Bildschirm wird die horizontale Leiste aller Funktions-Icons angezeigt, durch welche durchgescrollt werden kann, und auf dem oberen Bildschirm erscheint eine 3D-Vorschau zu jedem Menüpunkt.
Zusätzlich werden auf dem oberen Bildschirm WLAN-Status, Schrittzähler, Datum, Uhrzeit und der Akkustand angezeigt. Durch die obere Leiste auf dem unteren Bildschirm sind die Funktionen Bildschirmhelligkeit, Symbolanordnung, Spielnotizen, Freundesliste, Mitteilungen und Internetbrowser aufrufbar.
"3D-Video" bietet dem User eine knapp eineinhalb Minuten lange Zusammenstellung verschiedenster 3D-Aufnahmen - ob Seilbahn, Fallschirmspringen oder ein Grizzlybär beim Jagen. Hier ist sozusagen für jeden etwas dabei.
Mithilfe der "Nintendo 3DS-Kamera" können Screenshots der Spiele betrachtet und auch selbst Schnappschüsse gemacht werden. Ein netter kleiner Wellensittich gibt uns dabei per Popup nützliche Tipps. Die Bildqualität der Schnappschüsse ist leider nicht überragend, denn Bildrauschen ist selbst bei guten Lichtverhältnissen sichtbar. Dies ist aufgrund der kleinen Linse allerdings nicht überraschend. Der 3D-Effekt ist trotzdem auf jedem selbstgeschossenen Foto klar erkennbar.
Beim "Nintendo 3DS Sound" lassen sich eigene Tonaufnahmen mit verschiedenen Effekten versehen - wahlweise per Wellensittich, Interferenz, tiefem Akkord oder einer Trompete wird die eigene Stimme verfremdet. Das Ergebnis ist wirklich unterhaltsam. We like!
Als nächstes folgt der "Mii Maker": Hier erstellen wir uns ein virtuelles Ebenbild und können Kleidung und Aussehen umfangreich auf uns anpassen. Das Mii kann dann in bestimmten Spielen, wie dem von uns getesteten Pilotswings Resort, als Spielfigur verwendet werden oder per Wireless-Verbindung mit Miis anderer User in Kontakt gebracht werden. Der eigene Mii-Charakter lässt sich sogar als QR-Code speichern! Dieser zweidimensionale Strichcode, der mittlerweile auf Smartphones in vielen Bereichen wie Softwaredownload, Produktpreisrecherche etc. verwendet wird, kann per Kamera des DS eingelesen werden und ist sozusagen die Tütensuppenversion des Miis, der dann auf dem Gerät erkannt und gespeichert werden kann.
In der "StreetPass Mii-Lobby" lassen sich Mii-Charaktere anderer Nutzer sammeln, indem die StreetPass-Funktion aktiviert wird. Sobald ein anderer 3DS-Nutzer in der Nähe ist, der dies ebenfalls aktiviert hat, lassen sich Daten austauschen. Es können Puzzleteile ausgetauscht oder Minispiele bewältigt werden, um besondere Items wie Kopfbedeckungen freizuschalten.
"AR Games: Erweitere Realität": Mithilfe der ?-Karte, die einfach vor die Kamera des DS gelegt und dann erkannt wird, entstehen virtuelle Gegenstände und Landschaften mitten in der normalen Umgebung und werden so auf dem 3DS-Bildschirm angezeigt. Ausgehend vom erfolgreich bewältigten Zielscheibenschießen (wir wollten schon immer mal einen Drachen auf unserem Schreibtisch abmurksen!) kann der User andere Spiele freischalten: Billard spielen, Graffitis anfertigen, Angeln und mehr. Alles baut aufeinander auf und bietet jeweils für ein paar Minuten nette Unterhaltung. Die restlichen fünf AR-Karten werden dazu verwendet, die entsprechenden Helden wie Mario, Kirby, Zelda und mehr auf dem Tisch zu platzieren und dann 3D-Fotos der durch AR abgebildeten Figuren zu schießen. Wir finden die AR-Games recht unterhaltsam für Zwischendurch - auf das Drehen und Bewegen des Geräts wird auch recht flüssig reagiert.
Als nächstes folgt "Face Raiders": hierbei handelt es sich ebenfalls um ein AR-Game, bei dem lustige herumfliegende Gesichter in die Umgebung integriert werden und, zunächst das eigene, gejagt und abgeschossen werden sollen. Die Bewegungssensoren des 3DS werden hier zum Glühen gebracht, denn der Spieler muss ständig um sich herum schauen, um nicht hinterrücks vom eigenen fiesen Gesicht gekillt zu werden. Besonderer Spaßfaktor: Das Game "sammelt" auch andere Gesichter in der Umgebung und verwandelt sie ebenfalls in Gegner, die mit netten Grimassen versehen werden. Ist man nicht schnell genug, bröckeln die AR-Wände und die unendlichen Weiten des Weltraums werden sichtbar. Nicht nur den Spieler, sondern auch die Zuschauer erfreut das Game: Der Spielende muss sich ständig herumdrehen und vor näherkommenden Propellergesichtern auf der Hut sein. Nett gestaltet!
Die nachfolgenden Menüpunkte umfassen noch die Gesundheits- und Sicherheitsinformationen, den Aktivitätslog - sicher sinnvoll zur elterlichen Kontrolle -, Download-Spiel, um Mehrspielertitel zu zocken oder Demoversionen herunterzuladen, und schließlich die Systemeinstellungen, die recht umfangreich sind und sogar Altersbeschränkungen zulassen.
Die Geschwindigkeit des Menüs ist akzeptabel - ein wenig störend kann auf die Dauer allerdings die kurze Animation sein, die bei jedem Menüpunktaufruf erfolgt und diesen ein wenig verlangsamt.
Das 3D-Feature im Praxistest
Wenden wir uns der Hauptattraktion des Spaßkistchens zu: dem oberen, mit 3D-Technologie ausgestattetem Bildschirm.
Um den 3D-Effekt zu aktivieren, muss zunächst der 3D-Tiefenregler eingestellt werden. Der Bildschirm sollte 25-35 cm vom Nutzer entfernt sein und im richtigen Winkel positioniert sein, denn dieser kann den Effekt beeinträchtigen.
Während wir mit Hilfe von drei Games und den schon vorinstallierten Funktionen das 3D-Feature testen, fällt uns dies auch immer wieder auf: Beim Zocken mit dem 3DS muss man wirklich immer darauf achten, wie man den Handheld positioniert, um keine Bildverschiebung zu erzeugen. Im Sitzen ist das, sofern man nicht gerade als Beifahrer einem Offroad-Track beiwohnt, problemlos möglich. Im Liegen wird das je nach Position schon etwas schwieriger.
Der Effekt an sich macht sehr viel Spaß und wirkt vollkommen plastisch - man möchte wirklich hinter den Bildschirm greifen. Spielt man allerdings länger, kann es bei einigen Nutzern durch den optischen Effekt zu Kopfschmerzen kommen. Daher spricht Nintendo die Empfehlung aus, nach 30 Minuten Spielzeit eine zehnminütige Pause einzulegen. Alternativ dazu kann der 3D-Effekt kurzzeitig ausgeschaltet werden. Wir finden, dass das Feature bei den uns vorliegenden Games den Spielspaß enorm erhöht - speziell Pilotwings Resort lebt von dem 3D-Effekt.
Nintendogs 3D
Meine Stimmlage erhöht sich instant um drei Tonlagen, der Östrogenspiegel steigt - die weibliche Begeisterung ergreift mich, mein Verstand verflüchtigt sich! Schuld daran ist einzig der süsse kleine Welpe, den ich zu einem horrenden Preis in Fantasiewährung bei Nintendogs erstanden habe. "Jimbo" ist ein schwarzer kleiner Moppel, der im Spiel ordentlich bespaßt, verwöhnt und per Knopfdruck gefüttert, getränkt und "entleert" werden kann. Ausgehend von einem ziemlich unmöblierten Wohnzimmer samt Kamin kann die virtuelle Pupsmaschine so einiges erleben: Gassi gehen und andere Hunde kennenlernen, diverse Konsumtempel besuchen, oder sogar an Wettbewerben teilnehmen.
Klein-Hundi kann sogar auf den eigenen Namen trainiert und mit Tricks beschäftigt werden. Sehr süss: Tippt man ihm ins Gesicht, niest er. Hier vervollständigt sowohl die Touchfunktionalität des unteren als auch der 3D-Effekt des oberen Bildschirms das Spielerlebnis. Der kleine Wuffel rennt auf den User zu, lässt sich per Finger auf dem Touchscreen kraulen und wird durch die dreidimensionale Optik regelrecht zum Leben erweckt. Auch die digitalen Häufchen und gelben Pipi-Ströme überzeugen durch Authentizität. Begeistert sind wir allerdings von der fehlenden olfaktorischen Komponente. Wir bevorzugen zwar einen echten Hund, der künstliche ist allerdings auch nicht schlecht!
Street Fighter IV 3D
Kontrastprogramm: Wer gerne mal digitalen Gegnern eins auf die Glocke gibt, dem dürfte die Street Fighter-Reihe allzu vertraut sein. Die eigene Spielfigur wird aus 35 sehr individuellen Individuen ausgewählt, die natürlich jeweils über spezielle Fähigkeiten verfügen - seien es spezifische Kombos oder auch die Schnelligkeit insgesamt - und gegen die 34 anderen Charaktere in unterschiedlichen Stages antreten müssen. Dieser simple Aufbau wird durch den 3D-Effekt verschönert und kommt insbesondere bei den Spezialangriffen zum Einsatz.
Besonders gefallen haben uns neben der Tatsache einer Klopperei in 3D die Special Stages, in denen man das tun kann, wovon jeder randalierende Jugendliche träumt: Autos, Weinkeller und weiteres ohne nachfolgenden Besuch der Freunde und Helfer in Grün kurz und klein schlagen. Auf der Stufe "superschwer" kommen wir bis zur dritten Stage und geben entnervt auf. Allerdings nicht ohne es immer und immer wieder zu versuchen. Das Game ist perfekt als kurzweilige Zwischenablenkung, da das Spielprinzip jedoch immer gleich bleibt, spielen wir am liebsten in kurzen Intervallen von 15 bis 20 Minuten.
Pilotwings Resort
Die niedlich-unbeholfenen "Miis", die im 3DS schon ohne Spielmodul erstellt werden können, dürfen sich in Pilotwings Resort in die Lüfte erheben und mittels drei verschiedener Fluggeräte (Flugzeug, Drachenflieger oder Raketengurt!) den Ort des Geschehens, Wuhu Island, erkunden. Nach einer Einführung kann entweder entspannter Freiflug erlebt werden oder der User kann sich mit über 40 spaßigen Missionen beschäftigen. So oder so bietet das Game einige Kurzweil, auch schon der Freiflug ist dank des 3D-Effekts ein Erlebnis und macht richtig viel Spaß. Besonders gefallen haben uns abenteuerliche Sturzflüge mit dem Drachengleiter - und der Raketengurt erfreut uns schon beim ungefährlichen Fliegen.
Pia Zbick meint
Der 3DS konnte uns richtig gut unterhalten. Dank der schon vorinstallierten Software haben wir uns selbst ohne Spielmodul mit dem absolut spaßigen Spiel Face Raiders sowie den AR-Games beschäftigt, unseren persönlichen Mii sowie Foto- als auch Audioaufnahmen erstellt. Die drei getesteten Spiele überzeugen bezüglich der 3D-Effekte und bringen so noch mehr Spaß - der unvermeidbare Wermutstropfen ist die starke Blickwinkelabhängigkeit, weshalb beim Zocken immer darauf geachtet werden muss, wie der 3DS gehalten wird. Zuschauer haben dementsprechend auch keine Freude daran, sondern machen sich dank Doppelung höchstens über ihren Promillespiegel Gedanken.
Der neue Steuerungs-Schieberegler ist eine tolle Innovation, der einen Analogstick fast vollwertig ersetzt, und vorallem bei Pilotwings Resort eindeutig Vorzug findet. Wie schon beim DS lite sind wir von der recht guten Akkulaufzeit (ca. 5 Stunden) begeistert, denn der Kleine macht auch auf längeren Reisen ohne erreichbare Steckdose nicht schlapp. Nintendo gibt sich auch bezüglich des Zubehörs nichts und liefert ein ganzes Sammelsurium an Nützlichem mit. Zu einem Preis von aktuell circa 230 Euro erhält der Nutzer einen Handheld, der eine breite Palette an Funktionalitäten abdeckt, und mit dem es garantiert nicht schnell langweilig wird.
Für unseren Geschmack könnte der 3DS ein wenig günstiger sein, da die Spielemodule meist mit jeweils knapp 40 Euro zu Buche schlagen, doch momentan ist das Spaßkistchen der multifunktionalste Handheld auf dem Markt. Daher zeichnen wir den Nintendo 3DS mit dem Editor's Choice Award, als auch dem Quality Check Award aus und freuen uns schon auf die nächste Neuerung aus dem Hause Nintendo.
- Positiv
- Neuer Schieberegler zur Steuerung
- Vorinstallierte Software und Funktionen
- Akkulaufzeit
- Umfangreiches Zubehör
- Neutral
- - / -
- Negativ
- Blickwinkelabhängigkeit des 3D-Effekts
- Recht hoher Preis für Handheld
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